Dieser Sportsommer 2025 hatte und hat es auch ohne Olympische und Paralympische Spiele in sich. Weltmeisterschaften, Europameisterschaften, die „Finals“ in Dresden, jede Menge Weltcups und dazu Grand Prix-Wettkämpfe allerorten in den traditionsreichsten wie „absurdesten“ Sportarten.

Von Rhein und Ruhr nach Chengdu

Der Hochleistungssport zelebrierte sich und wurde zelebriert. Die „Couch-Potatoes“ durften am Bildschirm live dabei sein oder als „Taukieker“ im Stadion heftig die Fähnchen schwenken. Die Weltuniversitätsspiele hatten regen Zulauf. 

Dort durften diejenigen starten, die nicht nur üppige Muskeln hatten, sondern auch reichlich sportiv-akademischen Grips. An Rhein, Ruhr und an der Spree wurde von studentischen Sportassen auf Medaillenjagd gegangen, wobei Japan, China, die USA und Korea bewiesen, wo geistig und körperlich der Hammer hing. 

Auch die deutschen Gastgeber durften an Rhein, Ruhr und Spree-Athen kräftig jubeln und hofften auf Fortsetzung des Medaillenjubels im August 2025 im fernen Chengdu, in China. Die Deutschen wurden auch nicht enttäuscht – bei den World Games, den Weltspielen in den nichtolympischen Sportarten. 

Viel Gold im Fernen Osten

256 Entscheidungen in 34 Sportarten standen in der chinesischen Metropole auf dem Programm, wobei man anmerken sollte, dass es derzeit mehr als 5000 mehr oder weniger ernst zu nehmende Sportarten auf der Welt gibt und es nicht immer ganz schlüssig ist, warum Tauziehen auf dem offiziellen Programm ist und der Hahnenkampf oder das Sackhüpfen nicht! Aber die „hochoffiziellen“ Sportfunktionäre werden schon wissen, warum die eine oder andere Sportart funktional funktioniert und die anderen eben nicht. 

Jedenfalls marschierten freudig, motiviert und ausgelassen rund 4000 Athletinnen und Athleten aus 118 Ländern zur Eröffnungsfeier ein und zur Schlussfeier in Chengdu wieder raus. Dazwischen, zwischen dem 7.August und 17.August, ging es – trotz mehr als 50 Konflikten bzw. Kriegen weltweit – ganz „friedlich“ beim Medaillen-Kampf zu, wobei Deutsche, Italiener und Chinesen, wie oft zuvor, den Löwenanteil der nichtolympischen Medaillen ergatterten. Russen und Weissrussen blieben fast, von Ausnahmen abgesehen - geschlossen ausgeschlossen – vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges, der viele Ursachen hatte und hat. Aber das ist ein anderes Thema. So blieb die russisch-weissrussische Konkurrenz nahezu außen vor und die anderen konnten so mehr Edelmetall erreichen. Billige politische Sport-Mathematik! … Nur 33 Athletinnen und Athleten aus Russland/Weissrussland durften starten! In Wroclaw 2017, den letzten World Games vor dem Ukraine-Krieg, war Russland noch stärkste Nation, Weissrussland auf Platz vierzehn.

Im Rettungsschwimmen und Flossenschwimmen TOP

Konnte und durfte man sich angesichts der bescheidenen weltpolitischen Lage auf fast allen Kontinenten so noch über sportliche Höchstleistungen freuen? Selbstverständlich! Sonst würde man verrückt oder zumindest depressiv werden! Super, was die seit 1990 vereinigten Deutschen im Rettungsschwimmen leisteten! Wenn man politisch bzw. wirtschaftlich die Welt nicht retten kann, dann wenigstens sportlich. 

Und im Rettungsschwimmen und Flossenschwimmen, beides traditionsreiche Sportarten in M-V, langten die „Unsrigen“ kräftig zu. Die 22jährige Rettungsschwimmerin Nina Holt holte bei fünf Starts im Rettungsschwimmen fünfmal Gold und steigerte ihre World Games-Gesamtbilanz auf neun Goldene plus eine Bronzene. Wow! Rettungsschwimmer-Geschichte schrieb auch der Stralsunder Rettungsschwimmer Danny Wieck. Seit 2013 bei World Games dabei erkämpfte der 33jährige seine Medaillen Nummer zehn und elf in Chengdu. Sechsmal Gold, zweimal Silber und dreimal Bronze lautet Dannys Gesamt-Bilanz bei „WG“ - atemberaubend.

Getoppt werden diese Bilanzen nur vom deutschen Flossenschwimmer Jürgen Kolenda, der bei den ersten World Games in Santa Clara und den zweiten World Games 1985 in London insgesamt elf Goldene schaffte. Vielleicht ein Rekord für die „Ewigkeit“, aber heutzutage ist selbst die Haltbarkeit der „Ewigkeit“, gerade im Hochleistungssport, sehr begrenzt. Jedenfalls jubelten die deutschen Asse im Rettungsschwimmen über dreizehn Medaillen, darunter fünfmal Gold…

Viel los in China

Was war ansonsten noch los in Chengdu?! Es gab Wushu, diesen Mix traditioneller chinesischer Kampfkünste, Motorbootfahren, erwähntes Tauziehen (leider nicht um diplomatische Lösungen laufender Kriege) und den Rollsport. Das Tanzbein wurde geschwungen, dem Lacrosse gefrönt, der Faustballsport in den Fokus gerückt, Korfball dito, der Drachenbootsport wurde mal nicht auf dem Schweriner Pfaffenteich gefeiert und die nicht mehr olympischen Karateka durften auch in Chengdu ran. Die Russinnen und Russen fehlten dabei in vielen Sportarten – aus sportiver Sicht jedenfalls – aber ganz besonders in der Akrobatik, beim Sambo, im Trampolinturnen oder im Luftsport. Ja, auch Luftsport ohne Luftnummern fanden Begeisterung vor Ort und am TV-Bildschirm. Japan obsiegte dort.

Im Flossenschwimmen - dort feierten ja Athletinnen und Athleten vom TSC 1957 Rostock, wie unter anderem Carolin Stut oder Marco Scholz, schon große „WG“-Medaillenerfolge – war das deutsche Team „auf den Spuren“ der Rettungsschwimmer. „Mit den Flossen“ holte Schwarz-Rot-Gold dreimal Gold bzw. dreimal Silber, nur die Ukraine und Ungarn waren bezüglich der Medaillen-Anzahl noch besser. Max Poschart war dabei der Dominator mit dreimal Gold und einmal Silber. Damit stockte er seine bisherige „WG“-Medaillensammlung auf sechsmal Gold, dreimal Silber, zweimal Bronze auf. 

Zwischen Frisbee und Jiu-Jitsu

Mit den Frisbee-“Scheiben“ hantierten die Amerikaner am besten. Die „American Girls“ waren „natürlich“ zudem im Cheerleading das Mass aller akrobatischen und anmutigen Dinge. Die Top-Nation im Squash in Chengdu war Frankreich, während im Beach-Handball die deutschen Herren siegten und die deutschen Damen eine klasse Silberne erkämpften. Im deutschen Frauen-Team agierte auch Lucie-Marie Kretzschmar, die aus einer berühmten Handball-Dynastie stammt. Ihre Großeltern sind Waltraud bzw. Peter Kretzschmar, ihr Vater Stefan Kretzschmar! 

Im Muay Thai, dem thailändischen National(kampf)sport, blieb für Thailand nur einmal Silber und Bronze – China war 2025 hier die erfolgreichste Nation mit zwei Goldenen bzw. einer Bronzenen. Im Faustball gab es für „Team D“ dieses Mal kein Gold, dafür aber Silber (Herren) und Bronze (Frauen). Brasilien schaffte es, beide Turniere zu gewinnen. 

Im Jiu Jitsu – hier wurden aus MV-Sicht Erinnerungen an den 2005er Erfolg der Rostockerin Sabine Felser wach – dominierten hingegen Thailand, Israel, Deutschland und Südkorea. Im Tauziehen, einst auch olympisch, freuten sich Schweizer, Taiwanesen und Briten über jeweils eine Goldene. Im Inline-Hockey ging es in Chengdu auch „hoch her“ - die Vereinigten Staaten wurden die Nummer eins. Im American Football für Frauen indes nicht – hier triumphierten die Mexikanerinnen.

Viele Siegerinnen und Sieger

In weiteren Disziplinen des Rollsportes setzten Kolumbianer und Spanier, dank Jhoan Sebastian Guzman Bitar die sportlichen Akzente. Die beste Orientierung beim Laufen, genauer gesagt im Orientierungslaufen, hatten die Eidgenossen, die über vier Goldmedaillen jubelten.

Große Erfolge bei den World Games 2025 feierten Usbekistan und die Ukraine im Sambo, ebenfalls die Ukraine und Israel im Kickboxen, Deutschland (zwei Goldene) bzw. Japan (sechs Medaillen) im Karate, China im Sportklettern, Indonesien im Drachenbootsport, China, Polen bzw. Italien im Freitauchen, selbstverständlich die Chinesen in ihrer Sportart Wushu (fünfmal Gold), Deutschland mit drei Medaillen im Wasserski, Tschechien im Motorbootsport, China im Billard, Frankreich im Duathlon, Dänemark bzw. Schweden im Kanu-Marathon, Deutschland im Kanu-Polo, Italien und Frankreich im Boules, Italien im Bogenschießen, China in der Aerobic, Japan im Parkour, Portugal im Trampolinturnen und China im Tanzen.

Zwei Goldene und zwei Bronzene wurden im Herren-Softball vergeben, da das große und das kleine Finale aufgrund eines Unwetters nicht ausgespielt werden konnten. So belegten die USA und Japan gemeinsam Rang eins, Kanada und Venezuela wurden gemeinsame Dritte. Beim Turnier im Frauen-Softball setzten sich auch die USA durch.

Die Sportakrobaten aus der Ukraine, Israel, Belgien, China und Spanien hinterließen die goldigsten Momente und im schon besagten Flugsport belegte Rang eins. Der Kraftdreikampf – der Mix aus Kniebeuge, Bankdrücken und Kreuzheben – hatte ich Chengdu ebenfalls viele Fans und im schon besagten Flugsport belegte Rang eins. Auch Softballsportler, Racquetballsportler, Lacrosse-Athleten, die Unihockey-Asse (mit den besten Teams aus Schweden und Finnland, bei Frauen wie Männern) und viele andere mehr waren bei den „WG“ gefordert. 

Es waren halt 34 Sportarten, die sich präsentieren durften. Chengdu hatte es mit einem ausufernden Wettkampf-Programm „in sich“, es war gigantisch – nicht immer im positiven Sinne. Dieses „IMMER MEHR“ tut auch den nichtolympischen Spielen nicht unbedingt gut. Selbst der grösste Sportfan verliert angesichts der vielen Wettbewerbe mittlerweile den Überblick. 

China am besten

Die Medaillenzähler indes nicht! Sie „errechneten“ - mittels einfacher Arithmetik – dass China am besten war: 36 x Gold, 17 x Silber, 11 x Bronze. Hinsichtlich der Medaillen-Quantität folgt Italien mit 57 Medaillen, darunter aber „nur“ 13 x Gold und Schwarz-Rot-Gold mit 45 Medaillen, aber sogar 17 x Gold. Tja, nun wissen wir, wer am besten Taue zieht, Motorboote fährt, akrobatisch turnen kann und mit Flossen sowie Schnorchel besonders gut umgehen kann. Was sind da schon letzte Plätze in irgendwelchen PISA-Studien!

Die deutschen Offiziellen zeigten sich jedenfalls zufrieden. Nach Olaf Tabor, Vorstandsmitglied im Bereich Leistungssport des Deutschen Olympischen Sportbundes, konnte man aus deutscher Sicht mit dem sportlichen Abschneiden des deutschen Teams sehr zufrieden sein. So sei laut Tabor ja klar gewesen, dass China alles versuchen würde, mit ihrem großen Team Erster zu werden. Die Zielstellung sei mit Platz zwei erreicht. Also alles im „Plansoll“. Die Chefin de Mission der deutschen Delegation schloss sich der Meinung von Tabor an. Für Birte Steven-Vitense haben sich die Deutschen als faire Wettkämpfer präsentiert, die nicht zuletzt sympathisch, authentisch und nahbar auftraten. Sie seien gute Botschafter Deutschlands gewesen.

Fragt sich nur, ob so viel politischer „Sprech“ dem Sport wirklich gut tut. Sportler sind Sportler und keine Botschaften von jemandem bzw. für jemandem. Alles andere hatten wir mal, aber anscheinend ist es noch immer nicht überwunden.

Wie geht es weiter?

Alles in allem: Es gab großen Sport in Chengdu, der zehn Tage von den Alltagssorgen etwas ablenkte. Aber so richtig beantworten konnte auch Chengdu nicht wirklich: Warum es diese World Games überhaupt gibt? Nur ein Bruchteil aller weltweit betriebenen Sportarten steht auf dem Programm und das Interesse an ihnen hält sich seit 45 Jahren in überschaubaren Maße! Die Antwort ist einfach… Der Westblock hatte seinerzeit – nach München 1972, Montreal 1976 und Moskau 1980 (selbst verschuldet / Stichwort Boykott) – die Nase voll von der „Überlegenheit“ des „Sozialismus“ in den olympischen Arenen. 

So mussten ab 1981 nichtolympische Arenen her, natürlich bestückt mit Sportarten, in denen der Westblock glänzen konnte. Doch seitdem der Ostblock verschwand bzw. der Westblock implodierte und der Hochleistungssport längst kein Ersatz-Kampffeld für reale Kriege ist, losch auch das Interesse an diesen nichtolympischen Spielereien. Seltsamerweise: „Jetzt“, wo es so viele Konflikte/Kriege wie lange nicht mehr gibt, nimmt das Interesse an Multisport-Events wieder – peu-a-peu – ab, entgegen allen offiziellen Verlautbarungen.

Was sagt uns das – nach Stockholm 1912, Berlin 1936, München 1972 und den Boykottspielen 1976, 1980 und 1984… Die Antwort ist keine gute… "Wiederholt" sich die Geschichte oder "spiegelt" sie sich "nur"?!  Schlimm wäre es – wieder einmal!

Geplant ist, dass Karlsruhe 2029 die nächsten World Games austragen soll – die zweiten nach 1989 in dieser Stadt. Ob es tatsächlich so kommen wird? Schauen wir mal!

Marko Michels