Vor 70 Jahren – Olympia in Helsinki und eine Westmecklenburgerin dabei!

Vor 70 Jahren war die Welt zwar keine bessere, aber eine hoffnungsvollere. Auch im Sport. Erstmals nach dem zweiten Weltkrieg durften deutsche Sportlerinnen und Sportler bei Olympischen Spielen wieder starten. Und auch die Mannschaft der UdSSR erlebte in Helsinki 1952 ihre olympische Premiere.

Sport-Reporter-Legende Heinz Florian Oertel skizzierte seine ersten Olympischen (Sommer-)Spiele einmal so: „Für mich waren meine ersten Olympischen Spiele 1952 der realisierte Traum einer Olympiastadt. Damals war die Welt im Großen und Ganzen noch in Ordnung. Die Menschen hatten noch Mut, Zuversicht und Tatkraft. Die Begriffe Frieden, Freundschaft und gegenseitige Begegnung wurden vom Sport nicht nur verbal vertreten, sondern aktiv mit Leben erfüllt.

Diese spätere, zunehmende Ost-West-Konfrontationen, wie sie die Politik zuweilen aggressiv vertrat, hat es so im Sport unter den Athleten nie gegeben. Die Olympiaboykotte 1976 durch die afrikanischen Staaten, 1980 durch den Westen und dann 1984 durch den „Ostblock“ werden als geistlose „Lächerlichkeiten“ in die Annalen eingehen, die nichts bewirkten und die Athletinnen und Athleten, die an der Teilnahme gehindert wurden, um ihre sportlichen Träume brachten. – Helsinki 1952 war sowohl sportlich als auch persönlich für mich olympische Atmosphäre pur.“

Auch MV dabei

DDR-Athletinnen und -Athleten waren in Helsinki jedoch nicht dabei. Ost- und Westdeutsche konnten sich in puncto gemeinsame deutsche Mannschaft nicht einigen. Selbst das Saarland war vor 70 Jahren noch mit einem eigenen Team vertreten…

Dennoch: Auch aus unserer Region waren Athletinnen und Athleten am Start, so die Ludwigslusterin Brigitte Kiesler und der aus Pommern stammende Reitsportler Heinz Pollay, der Dressur-Bronze mit dem (west-)deutschen Team errang. Ja, auch eine Westmecklenburgerin nahm in Helsinki an den Wettkämpfen im Turnen und in der Gymnastik teil.

Die Gruppengymnastik war seinerzeit erstmals im olympischen Programm. Damals siegten die Schwedinnen vor dem UdSSR-Team und den Ungarinnen. Brigitte Kiesler, 1924 in Ludwigslust geboren, wurde seinerzeit mit der Bundesrepublik Fünfte im Turn-Mannschaftsmehrkampf und sogar Vierte in der besagten Gruppengymnastik mit Handgeräten. Später wanderte Brigitte Kiesler in die Vereinigten Staaten aus, wo sie 2013 (in Kalifornien) starb.

Authentischer Sport

Der Sport war in Helsinki 1952 noch „gemütlich“, nur die Presse heizte den Kampf der Systeme etwas an. Aber die Sportlerinnen und Sportler aus Ost und West gingen, wie Heinz Florian Oertel es aus eigenem Erleben schilderte, sehr respektvoll und freundschaftlich miteinander um.

Es gab keinen Gigantismus, keine Marketingstrategien und keine politischen Klüngel. Fast 5000 Sportlerinnen und Sportler aus 69 Ländern wetteiferten um die 149 Goldmedaillen in 17 Sportarten. Die Mannschaften der USA und der Sowjetunion lieferten sich ein faires, aber spannendes Duell um Platz eins im Medaillenspiegel, wobei die USA 76 Medaillen, darunter 40 Goldene, und die Sowjetunion 71 Medaillen, darunter 22 Goldene erkämpfte. In der Länderwertung – berücksichtigt werden dabei die Plätze eins bis acht – gab es sogar einen Punktegleichstand zwischen den USA und der SU… Die Sowjetunion stellte aber mit dem Turner Wiktor Tschukarin, einem Ukrainer, den erfolgreichsten Sportler dieser Spiele, der 6 Medaillen (viermal Gold) errang.

Deutsches Team mit 24 Medaillen

Deutsche Athletinnen und Athleten schafften immerhin 24 Medaillen – hinter den USA, der UdSSR, Ungarn bzw. Schweden, im Hinblick auf die Medaillen-Anzahl, die fünftbeste Ausbeute einer Olympiamannschaft in Helsinki. Aber Gold gab es nicht… Neben siebenmal Silber konnte auch siebzehnmal Bronze erkämpft werden.

Viele spannende Wettkämpfe

Ansonsten gab es viele spannende Wettkämpfe in Helsinki. Der Zweikampf zwischen USA und UdSSR im Gdewichtheben, endete 4:3 für „Uncle Sam“. Ungarn liess sich im Fußball Olympia-Gold nicht nehmen und die von Sepp Herberger betreute deutsche Olympia-Auswahl wurde immerhin Vierter. Zwei Jahre später sollte das „Wunder von Bern“ folgen…

Im Radsport auf Bahn und Straße dominierten Australier, Belgier und Italiener. Je viermal Gold holten die USA und Ungarn im Schwimmbecken. Im Segeln und in der Leichtathletik waren die USA ebenfalls beste Nation. Und im Turnen avancierte die UdSSR mit 22 Medaillen, darunter neunmal Gold, zur neuen Turn-Großmacht. Neben Wiktor Tschukarin begeisterte zudem die von der Halbinsel Krim stammende Marija Gorochowskaja, die unter anderem Gold im Mehrkampf und mit der Mannschaft erkämpfte. In der Leichtathletik setzte Emil Zatopek, die tschechische Lokomotive, die Glanzpunkte mit seinem Dreifach-Erfolg über die 5000 Meter, 10000 Meter und den Marathon-Lauf. Marjorie Jackson aus Australien war hingegen die Queen des Sprints in Helsinki…

Alles in allem: Helsinki 1952 waren großartige Spiele – ohne viel Brimborium und Pomp!

Marko Michels