Marcus Klemp über Paris und weitere Herausforderungen

Es war ein insgesamt erfolgreicher Wettkampf des Para-Ruderers Marcus Klemp, Jahrgang 1982, in der Einer-Konkurrenz der Paralympics in Paris. Er wurde Erster im B-Finale und insgesamt Siebenter beim Erfolg des Briten Benjamin Pritchard. Marcus dritten Paralympics nach 2008 und 2021 waren somit ein positives Erlebnis.

Marcus über seinen Wettkampf in Paris, seine sportliche Karriere, die Mehrfachbelastung durch Sport, Beruf sowie Familie, persönliche Unterstützungen und neue Herausforderungen

"Marlen ist immer dabei!"

Frage: Erst einmal noch nachträglich herzlichen Glückwunsch zum sehr guten paralympischen Ergebnis! ... Paris und die Paralympics sind längst Geschichte. Wie verlief der Wettkampf aus Deiner persönlichen Sicht?

Marcus Klemp: Vielen Dank. Es war eine wirklich tolle Zeit in Paris, die mit vielen unvergesslichen Eindrücken, tollen Erlebnissen und interessanten Begegnungen verbunden war bzw. ist. Mit dem Wettkampf bin ich insgesamt sehr zufrieden. Aus meinen Möglichkeiten habe ich nach einer gesundheitlich eher schwierigen Saison am Ende viel herausholen können.

Nach meinem Vorlauf, aus dem sich nur der spätere Paralympics-Sieger Pritchard direkt für das Finale qualifizierte, ging es für mich in den Hoffnungslauf. Damit war zu rechnen. In dem Hoffnungslauf waren dann der Australier Horrie und der Italiener Prini rennbestimmend und machten die übrigen Plätze im A-Finale unter sich aus. Ich musste mich also mit dem Einzug in das Finale um die Plätze sieben bis zwölf begnügen, welches ich dann auch für mich entscheiden konnte. Nach dem Ausschluss des auf dem Bronze-Rang liegenden Italieners im A-Finale bin ich in der Gesamtwertung sogar auf Platz 6 geführt. Wie gesagt: Für mich in Ordnung!

Frage: Wie beurteilst Du das paralympische Ruder-Geschehen in Paris aus Deinem Blickwinkel? Wo steht der Para-Rudersport in Deutschland nach Paris?

Marcus Klemp: Das ist natürlich eher eine Frage in Richtung der Verbände oder Bundestrainer. Ich glaube aber ganz subjektiv - im Hinblick auf die Paralympics in Los Angeles 2028 oder die Zukunft allgemein - müssen wir auch im Para-Sport viel Nachwuchsarbeit leisten, um an die Erfolge aus Paris anschließen zu können. 

Im Para-Rudern wird sich denke ich erst in den kommenden Monaten zeigen, wer weiter dabei bleibt oder die sportliche Karriere beendet. Insgesamt haben wir in den vergangenen Jahren - und glücklicherweise insbesondere seit Tokyo 2021 - eine tolle Entwicklung im deutschen Para-Ruder-Team, die am Ende dazu geführt hat, dass wir in drei Bootsklassen mit insgesamt acht Sportlerinnen und Sportlern in Paris vertreten waren. 

Frage: Du bist sportlich, beruflich und familiär gefordert... Wie meisterst Du diese Dreifachbelastung? 

Marcus Klemp: Ja, auch ich kann mich nicht aufteilen! Einerseits bin ich ein geförderter Sportler, was großzügige Freistellungen von Seiten meines Dienstherrn (der Bundeswehr) bedeutet, wofür ich sehr dankbar bin, andererseits danke ich zudem meiner Partnerin Marlen, dass sie in bestimmten Zeiten dann eben zurücktreten kann und dennoch an meiner Seite ist. Es sind immer Phasen, in denen eher der Sport oder der Beruf im Vordergrund steht - Marlen ist immer dabei.

Frage: Du warst nun schon bei drei Paralympics am Start: 2008 in Peking, 2021 in Tokio und nun 2024 in Paris. Welche besonderen Erlebnisse und Emotionen verbindest Du persönlich mit diesen drei Städten?

Marcus Klemp: Peking 2008 war eine phantastische Reise, an die ich mich auch nach sechzehn Jahren noch gerne zurück erinnere. Mein damaliges Team und ich hatten im Anschluss an unseren Wettkampf dort noch ungefähr eine Woche Aufenthalt, die wir dann mit jeder Menge Sightseeing gefüllt haben. Einfach unglaublich! Im Kontrast dazu dann die Spiele in Tokyo 2021 unter Corona-Einschränkungen. Leere Stadien, Wettkämpfe quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit, ein abgeriegeltes Paralympisches Dorf,  dazu mit Tokyo eine Stadt der Superlativen, die wir spätestens 48 Stunden nach dem Wettkampf-Ende wieder zu verlassen hatten. Jetzt 2024 Paris: Erstmals für mich ein Austragungsort "in greifbarer Nähe" - ohne lange Flüge. Freunde und Familien konnten vor Ort die Wettkämpfe verfolgen. Es war ein perfekt durchorganisiertes Spektakel in der Stadt der Liebe - toll. 

Frage: Wie war ansonsten das ganze spezielle Drumherum in Paris? Blieb Zeit, Paris zu erkunden?

Marcus Klemp: Wie angesprochen: Organisatorisch hat man absolut nichts dem Zufall überlassen. Ich denke, die Bilder der Feiern konnte jeder sehen: Es war hervorragend. Stimmung ist für mich ohnehin so ein ganz eigenes Thema, gerade aktuell, weil mein Trainer Jochen Weber mir noch im Wettkampf in Paris mitteilte, dass er nach nun elf gemeinsamen Jahren als Sportler und Trainer nicht weitermachen möchte. Das wirkt gerade noch nach. Man darf auch trotz aller Highlights nicht vergessen, wo wir uns in Paris als Sportler jeden Tag bewegt haben. Ich hoffe auf die Nachhaltigkeit des Dorfes in dem Brennpunkt St. Denis, dort wo man nicht nur schöne Dinge sieht, wenn man offenen Auges ist. 

Letzte Frage: Welche weiteren Ziele hast Du - sportlich und persönlich?

Marcus Klemp: Ich hoffe persönlich auf eine gemeinsame Zukunft mit meiner Partnerin, mit der ich nun seit beinahe sechs Jahren eine Fernbeziehung Rostock-Chemnitz führe. Sportlich möchte ich gerne noch weitermachen und hoffe, dass sich noch ein Unterstützer findet, der auch Lust dazu hat und mich vielleicht begleiten möchte. Ich habe mir als Ziel auf jeden Fall die WM 2025 in Shanghai gesetzt. Ich möchte von Jahr zu Jahr schauen, wie der Körper die Belastungen noch mitmacht. Für L.A. 2028 habe ich noch keine Entscheidung getroffen.

Vielen Dank und weiterhin alles erdenklich Gute!

Die Fragen stellte Marko Michels.

Infos zum Para-Rudern

Rudern steht seit 2008 auf dem Programm der Paralympischen Spiele. Die bisherigen Regatten fanden in Peking 2008, London 2012, Rio 2016, Tokyo 2021 und Paris 2024 statt. Dabei wurden 21 Goldmedaillen vergeben. Diese sicherten sich bis dato Großbritannien (elf), China bzw. die Ukraine (je drei) sowie Australien, Israel, Norwegen und Italien (je eine). Deutsche Para-Ruderinnen und -Ruderer erkämpften von 2008 bis 2024 je einmal Silber und Bronze.