Olympische Spiele in Peking. Das ist wie ein Deja-vu. Was 2008 sommerlich begann, fand nun 2022 seine winterliche Fortsetzung. Ein Novum in der Olympia-Historie.

Kein Novum in der Olympia-Historie ist die Politisierung der Spiele. „Boykottniks“ gab es schon immer, bereits seit 1896. Im Kalten Krieg eskalierte das Ganze in den Jahren 1976, 1980 und 1984. Und auch nach 1990 wurde die Welt, auch im Sport, nicht besser.

Wie 2008

Nun – anno 2022 – werden die gleichen Diskussionen wie 2008 geführt. Die chinesischen Gastgeber sehen noch immer nicht ein, dass es besser ist, Minderheiten und Andersdenkende zu respektieren als zu verfolgen bzw. zu unterdrücken. Dabei gibt es doch ein treffendes chinesisches Sprichwort in puncto Toleranz: „So lange Du dem Anderen sein Anderssein nicht verzeihen kannst, bist Du noch weit weg vom Weg der Weisheit!“ Allerdings: DIE Weisheit haben viele selbst ernannte Demokraten auch nicht gerade löffelweise verspeist…

Medaillenglanz für alle

Nun dürfen aber nicht zuletzt erst einmal die Mecklenburger und Vorpommern, die ebenfalls gewisse wintersportive Erfolge in der Olympia-Vergangenheit aufweisen, jubeln, wenn die Schwarz-Rot-Goldenen besser Schlitten fahren, Ski springen, Slalom fahren oder „nordisch kombinieren“ können als der „Rest der Welt“. Medaillenprognosen hat der Deutsche Olympische Sportbund wegen Corona nicht festgelegt, aber wenn es wieder viel Edelmetall gibt, freuen sich mitunter neben dem gemeinen Sportfan durchaus die vorhandenen bzw. kommende Sponsoren, die Frau oder der Herr Sportpolitiker sowie Sportfunktionär und sogar wenig sportliche Sportjournalisten. Medaillen sind immer Balsam für die mitunter hoch kochende Volksseele und lenken überdies vortrefflich von den wirklich wichtigen Dingen im Leben ab. Also – frei nach Marx: Leistungssportliche Medaillen-Ehren sind Opium, besser (weil aktuell), Cannabis fürs Volk.

Corona gegen den Rest der Welt

Apropos Opium/Cannabis… Doping könnte natürlich 2022 wieder eine Hauptrolle spielen, wenngleich die Scheinwerfer und PCR-Tests auf Corona gerichtet sind. Ganz tragisch das Fernbleiben der derzeit besten Skispringerin der Welt, der Österreicherin Marita Kramer, wegen dieser ominösen Viren. So ist die herausragende Athletin zwar symptomfrei, darf aber nicht starten. Kein Einzelfall. Am Ende könnte – ähnlich wie bei der Handball-Herren-EM 2022 – das Olympia-Team am besten abschneiden, dem es gelingt, Corona auf Distanz zu halten. Fast so etwas wie eine olympische Disziplin!

109 offizielle Entscheidungen wird es in Peking geben. Schaut man auf die letzten WM und Weltcups könnte „Team D“ mit 25 Goldenen rechnen. Aber… Olympia hat bekanntlich eigene Gesetze – im Positiven wie im Negativen.

Gemischte Gefühle an Peking 2008

An Peking 2008 haben die Deutschen eher gemischte Gedanken und Gefühle. Damals belegten sie hinsichtlich der Medaillen-Quantität Rang sieben und hinsichtlich der Anzahl der Goldmedaillen Rang fünf. Nicht schlecht, aber auch nicht wirklich gut. Den sportlichen Wettlauf im Sommersport haben die Deutschen gegen Chinesen, Amerikaner, Briten oder Japaner längst und auf absehbare Zeit ohnehin verloren. Im Wintersport sieht es da ungemein viel besser aus. Kein Land hat so viele „Schlitten-Bahnen“ wie die Deutschen, obwohl man hierzulande besser nicht mit jeder und jedem Schlitten fährt.

Jubel 2008 aus M-V-Sicht

In Peking 2008 jubelten zumindest auch Mecklenburger und Vorpommern. Allen voran Martin Hollstein vom SC Neubrandenburg zusammen mit Andreas Ihle vom SC Magdeburg im Zweier-Kayak über 1000 Meter. Schwerins Bahnrad-Ass Stefan Nimke, in Hagenow geboren, kam hingegen in der chinesischen Hauptstadt zu Bronze – im Teamsprint gemeinsam mit Rene Enders (RSC Turbine Erfurt) und Maximilian Levy (RSC Cottbus/Sparkassen Team Brandenburg). Bronze ersprang sich in Peking 2008 zudem de gebürtige Demminerin Heike Fischer, die vor 14 Jahren mit der Berlinerin Ditte Kotzian Rang drei im Synchronspringen der Frauen vom Drei-Meter-Brett erkämpfte.

Ansonsten waren einige Athletinnen bzw. Athleten, deren „Wiege“ in M-V „verortet“ wurde oder die mit M-V auf andere Weise verbunden sind/waren – unter anderem aufgrund früherer oder späterer Vereinszugehörigkeiten – in Peking 2008 dabei:

In der Leichtathletik waren das Sonja Kesselschläger (Neubrandenburg/Siebenkampf), Steffi Nerius (Speerwerfen/geboren in Bergen), Julia Mächtig (Neubrandenburg/Siebenkampf/Ersatz), die gebürtige Rostockerin Denise Hinrichs bzw. zudem: Jonna Tilgner (früher u.a. MTV Bützow, Sportinternat Rostock, 1.LAV Rostock).

Im Schwimmen zeigte der Wahl-Rostocker Thomas Rupprath sein Können.

Im Rudersport setzten Felix Drahotta (Rostock/Zweier ohne), Tom Lehmann (Rostock/Zweier ohne), Mathias Flach (Rostock/Achter), Nicole Zimmermann (Rostock/Achter), Marie-Louise Dräger (Rostock/Leichtgewichts-Doppelzweier), Stephan Krüger (Rostock/Doppelvierer), Philipp Naruhn (gebürtiger Schweriner) und Peter Thiede (früher Ueckermünde) die großen MV-Traditionen in dieser Sportart fort.

Im Kanu-Rennsport war auch Dreifach-Olympiasieger Andreas Dittmer (Neubrandenburg/Canadier) am Start - dazu Thomas Lück (Neubrandenburg) als „Ersatzmann“.

Anja Dittmer (Neubrandenburg) und Christiane Pilz (Rostock/Neubrandenburg) präsentierten sich als ambitioniertes Duo im Triathlon.

Im Radsport traten neben Stefan Nimke auch Jens Voigt (Straße/geboren in Grevesmühlen) und Trixi Worrack (spätere Wahl-Bad Doberanerin) in die Pedale. Der Skeet-Olympiasieger von 1988 Axel Wegner (geboren in Demmin) und Stefanie Thurmann (geboren in Perleberg, einst Bezirk Schwerin / Wittenberger Schützengilde) vertraten „die MV-Farben“ im Schießsport.

Im Hallen-Volleyball war der gebürtige Schweriner Robert Kromm Mitglied der deutschen Nationalmannschaft und der gebürtige Stralsunder Eric Koreng spielte zusammen mit dem gebürtigen Kieler David Klemperer im Beach-Volleyball.

Der Judoka Michael Pinske, geboren in Berlin, war außerdem 2008 in Peking aktiv (Klasse bis 90 Kilogramm). Seine Mutter war die dreifache Schwimm-Olympiasiegerin 1976/80 Andrea Pollack, die 1961 in Schwerin geboren wurde und viel zu früh verstarb – 2019 an den Folgen einer Karzinom-Erkrankung. Andrea Pollack hatte 1976 in Montreal – neben dem Ruderer Michael Wolfgramm und dem Boxsportler Jochen Bachfeld – die ersten olympischen Goldmedaillen für Schwerin erkämpft.

Der Kugelstoßer Ralf Bartels (SC Neubrandenburg) und die Diskuswerferin Franka Dietzsch (ebenfalls SC Neubrandenburg) mussten ihre Starts in Peking damals verletzungsbedingt kurzfristig absagen.

Zwar gab es neben dem Gold von Martin Hollstein und den Bronzenen von Heike Fischer und Stefan Nimke keine weiteren Medaillen „für M-V“ in Peking 2008, aber – frei nach Coubertin: Mitunter ist eine engagierte Olympia-Teilnahme besser, als destruktiv vor der Olympia-Glotze zu hängen!

Marko Michels