24 Jahre - fast ein Vierteljahrhundert - dauerte es, bis die traditionsreiche deutsche Wassersprung-Hochburg Rostock wieder eine Wasserspringerin zu olympischen Wettkämpfen entsenden kann! Jette Müller, die Zwanzigjährige vom WSC Rostock, brach endlich den "olympischen Bann", der seit Sydney 2000 galt... Damals waren mit Dörte Lindner und Stefan Ahrens je eine Athletin/ein Athlet des WSC Rostock bei Olympia dabei. Dörte Lindner gewann in der australischen Metropole Bronze im Kunstspringen für Rostock. Im Synchronspringen schaffte sie mit Conny Schmalfuß vom TSC Berlin Platz sieben. Ihr Vereinskollege vom WSC Rostock, Stefan Ahrens, schaffte dazu einen guten neunten Rang im Kunstspringen vom Drei-Meter-Brett.

Nun ist also Jette Müller vom WSC Rostock die olympische Hoffnungsträgerin im Wasserspringen für Paris. 

Starke Konkurrenz in Berlin / Zwei Rostockerinnen überzeugten

Die Konkurrenzen bei den Deutschen Meisterschaften am Pfingstwochenende in Berlin verliefen dabei auch sehr spannend, konnten sich doch drei Wasserspringerinnen berechtige Hoffnungen auf die beiden Olympia-Tickets im Kunstspringen vom Drei-Meter-Brett machen: Jette Müller vom WSC Rostock, Saskia Oettinghaus, die gebürtige Rostockerin, die bis 2020 Mitglied des WSC Rostock war, sich dann dem Dresdner SC von 1898 anschloss, und Lena Hentschel (Berliner TSC). Jette übertraf überzeugend die Olympianorm - vom Vorkampf über das Halbfinale bis zum Finale - und distanzierte mit 330,35 Punkten Saskia Oettinghaus (326,15 Punkte) und Lena Hentschel (306,70 Punkte) souverän.

Nach dem Wettkampf am 18.Mai war Jette natürlich glücklich und erleichtert zugleich. So sei es für sie eine große Ehre, die Olympia-Qualifikation geschafft zu haben, wobei sie zudem von sich selbst ein wenig überrascht gewesen war. Die Konkurrenz sei letztendlich sehr stark gewesen, sie habe sich davon jedoch nicht beeindrucken lassen. Klar habe sie mitbekommen, dass die anderen ebenfalls stark sprangen, aber sie fokussierte sich auf sich selbst und die eigene Leistung. Das sei das Wichtigste gewesen, so die ambitionierte Rostockerin.

Jette zweifache Siegerin

Und am zweiten Wettkampftag der Deutschen Meisterschaften am 20.Mai überzeugte Jette erneut - dieses Mal beim Synchronspringen vom Drei-Meter-Brett zusammen mit Lena Hentschel (Berliner TSC). Das Duo aus Rostock/Berlin verwies mit 291,45 Punkten Saskia Oettinghaus (Dresdner SC von 1898)/Jana Rothe (Berliner TSC) mit 281,13 Punkten auf Rang zwei.

Die Siegerinnen waren überglücklich, wenn gleich sich beide Springerinnen noch eine höhe Punktzahl gewünscht hätten. So habe man aus Sicht Jettes noch einige Reserven gehabt, sei aber im Großen und Ganzen sehr zufrieden und einfach happy. Jette und Lisa werden damit sicher im Synchronspringen der Frauen vom Drei-Meter-Brett in Paris starten.

Tolle Leistungen bot in Berlin nicht zuletzt das Rostocker Duo Ole Rösler/Espen Prenzyna im Synchronspringen vom Turm mit Silber - ganz starke Leistungen bot das Duo, das 2023 Junioren-Europameister wurde.

Große Tradition fortgesetzt

Zwischen 1964 und 2000 schafften Wasserspringerinnen und Wasserspringer vom SC Empor Rostock bzw. WSC Rostock sechs olympische Medaillen: einmal Gold, viermal Silber und einmal Bronze - dank Ingrid Engel-Krämer, Christa Köhler, Martina Proeber, Annika Walter und Dörte Lindner. 

Rechnet man die durch Dieter Waskow, Thomas Knuths und Ramona Wenzel errungenen Medaillen bei den Wettkämpfen der Freundschaft 1984 im Wasserspringen in Budapest hinzu - den Ersatz-Wettbewerben der von vielen Ländern des Ostblocks boykottierten Olympischen Spiele 1984 in Los Angeles - damals gab es einmal Gold und dreimal Silber, so liegt die Ausbeute sogar bei zehn Medaillen.

Eine Medaille für Jette in Paris wäre 2024 angesichts der extrem starken Konkurrenz aus China, den USA, Kanada oder Australien eine große Sensation. Wenn Jette aber an ihre großartigen Leistungen der letzten Jahre anknüpfen kann, braucht sie die Konkurrenz aus Fernost und Übersee nicht zu fürchten. Wie Jette schon richtig sagte: "Das Wichtigste ist es, sich auf sich selbst und die eigenen Leistungen zu fokussieren!".

Andre Thieme mit "Paule" und "Chakaria" zu Gold und Bronze

Großartiges leisteten auch die anderen potentiellen Olympia-Kandidatinnen und -Kandidaten aus M-V bei den letzten Herausforderungen im sportlichen Monat Mai. Springreiter Andre Thieme (Plau am See) schaffte Rang eins beim Großen Preis von Redefin auf "Paule". In Hamburg jubelte der Europameister von 2021 über Rang drei mit "Chakaria" - Andre Thieme ist also auf einem guten Weg in Richtung Paris.

Unglückliche Winde für Malte und Anastasija

Denkbar knapp und extrem unglücklich verpasste das Duo  Malte und Anastasija Winkel (Schweriner Yachtclub/Norddeutscher Regatta Verein) die Olympia-Qualifikation in der Mixed-470er Klasse im Segeln. Beim entscheidenden Qualifikationswettkampf für Olympia, den EM vor Cannes, hätte es für das segelsportliche Ehepaar der achte Rang sein müssen - es wurde leider nur Platz zehn. In den dreiteiligen Qualifikationsregatten, insgesamt 31 Wettkampfrennen, setzten sich ihre Konkurrenten Simon Diesch/Anna Markfort (Württembergischer Yacht-Club/Verein Seglerhaus am Wannsee) haarscharf mit 42:40 Punkten gegen Malte und Anastasija Winkel durch... Knapper ging es fast nicht!

 Im letzten Jahr (2023) hatte das Segel-Ehepaar Winkel mit Silber beim olympischen Test-Wettkampf vor Cannes überzeugt und unter anderem auch den Bronze-Platz bei der "French Olympic Week" belegt...

 Neben Malte und Anastasija Winkel gehören aus MV-Sicht ebenfalls Theres Dahnke/Matti Cipra (Plauer Wassersportverein) zur Mixed 470er-Trainingsgruppe, die von den Trainern Steve Lovegrove und Marek Chochian in den letzten drei Jahren hart und erfolgreich arbeitete.

Triathletin Lena Meißner mit Sieg in Samarkand

Bei Olympia leider nicht dabei, obwohl sie in den letzten Jahren immer starke Leistungen zeigt, ist auch die Neubrandenburger Triathletin Lena Meißner. Beim Wold Triathlon Cup in Samarkand triumphierte die Athletin vom SC Neubrandenburg Mitte Mai sogar. Lena zeigte einen beeindruckenden Wettkampf und siegte in 1:52:49 Stunden knapp vor Jessica Fullagar (Großbritannien) und Tilda Mansson (Schweden). 

Resümee von Lena: Beim Laufen habe sie schon daran gedacht, es auf das Podium schaffen zu können. In der letzten Runde merkte sie dann, dass sie den Wettkampf gewinnen könne und habe entsprechend alles gegeben...

Seit 2015 konnte Lena, ob im Junioren- wie im Elite-Bereich, immer wieder in die internationale Spitze vordringen. 2015 und 2016 gab es jeweils Bronze bei den Junioren-EM. Ein Jahr später (2017) folgte Platz sieben bei den Junioren-WM, dann 2018 Rang vier bei den EM und 2019 gab es Rang sieben bei den U 23-WM und Platz vier beim Weltcup in Cagliari. Auch in den schwierigen Corona-Jahren und nach der Pandemie konnte Lena ihre Klasse halten, wurde Erste beim Europacup in Caorle 2021, 2022 Dritte beim Wettkampf der World Triathlon Championships in Abu Dhabi und ebenfalls 2022 Zweite bei den EM auf der Sprint-Distanz. Rang fünf belegte die Neubrandenburgerin beim WTCS- Wettbewerb in Abu Dhabi 2023.

Wenn es auch für Paris 2024 knapp nicht reichte, so sollte für Lena Meißner Los Angeles 2028 doch ein lohnendes Ziel sein, was auch für die MV-Duos in der Mixed-470er Klasse im Segelsport gilt!

Leichtathletinnen aus M-V mit Blick nach Paris

Die Leichtathletinnen und Leichtathleten - sowohl in den olympischen wie paralympischen Disziplinen - hatten/haben im Mai auch schon einige hochkarätige Wettkämpfe. So fand Mitte Mai ein Werfer-Meeting in Wiesbaden statt, bei dem sich die in Neubrandenburg bei Gerald Bergmann trainierende Marike Steinacker starke Leistungen zeigte - einerseits belegte sie hinter der Chinesin Feng Bin (67,57 Meter) Rang zwei, andererseits steigerte Marike ihre persönliche Bestleistung beträchtlich (67,31 Meter). Claudine Vita vom SC Neubrandenburg wurde bei diesem Meeting mit 62,67 Meter Vierte. 

In Kobe - bei den IPC-Weltmeisterschaften vom 17.Mai bis 25.Mai - sind auch zwei MV-Athletinnen am Start, die gebürtige Neubrandenburgerin Lindy Ave, für den Verein Leichtathletik inklusiv Greifswald e.V. startend und zweifache Paralympics-Teilnehmerin 2016/2021 (u.a. mit Gold über 400 Meter 2021 in Tokyo), und die gebürtige Pasewalkerin Martina Willing, die von 1992 bis 2021 an acht Paralympischen Sommerspielen bzw. an 1994 sogar an den Paralympischen Winterspielen (mit Silber in der nordischen Skistaffel über 3 x 2,5 Kilometer und Bronze im Biathlon über 7,5 Kilometer) teilnahm, bei Sommer-Paralympics zwölf Medaillen, darunter dreimal Gold gewann. Lindy möchte nach ihrer Baby-Pause möglichst  wieder an ihre ausgezeichneten Leistungen insbesondere von 2021 anknüpfen.

Auch Faustkämpfer und Volleyballerinnen noch mit dem Hauch einer Olympia-Chance

Olympia-Chancen haben aus MV-Sicht demnächst noch Faustkämpfer des BC Traktor Schwerin. Vom 25.Mai bis 2.Juni steht das zweite und finale Welt-Qualifikationsturnier für das olympische Box-Turnier in Paris auf der Agenda (wahrscheinlich auch mit Kevin Boakye-Schumann, Tyron Amo und David Gkeovorgkian vom BC Traktor Schwerin).

Und auch die deutschen Volleyball-Damen hegen noch olympische Hoffnungen. Mitte Juni entscheidet die dann gültige Weltrangliste darüber, ob eine deutsche Volleyball-Frauen-Auswahl (Halle) mit Schweriner Akteurinnen bei Olympia 2024 spielen wird.

Paris rückt immer näher!

Marko Michels