Aikido – diese Kampfkunst, diese Form der humanen Selbstverteidigung wurde zu Beginn des 20.Jahrhunderts von Morihei Ueshiba begründet. Obwohl Aikido eher eine Verbindung von Philosophie und Sport ist, Wettkämpfe daher verpönt sind, werden im Aikido seit 1989 auch Weltmeisterschaften ausgetragen, was mit dem ursprünglichen Charakter des Aikido nur bedingt zu tun hat.

Bei den „World Games“, den Weltspielen in den nichtolympischen Sportarten, unter anderem 1989 in Karlsruhe, 1993 in Den Haag, 1997 in Lahti, 2001 in Akita, 2005 in Duisburg und 2022 in Birmingham wurde Aikido daher nur demonstriert bzw. präsentiert – ohne entsprechende Wettkämpfe.

Seit nunmehr dreißig Jahren, seit dem Jahr 1993, gibt es auch in Schwerin eine Aikido-Schule, die Aikido-Schule von Pierre Congard, der Träger des sechsten Dan ist und Schüler bei Toshiro Suga bzw. Tamura Shihan war.

Pierres 25jährige  Tochter Anna ist mittlerweile auch eine Meisterin im Aikido und ist Inhaberin des dritten Dan.

Um Aikido vorzustellen, fragte der SSB Schwerin im Januar 2023 bei Anna Congard nach…

 
Anna über die Kampfkunst Aikido und andere wichtige Themen

„Die höchste Kunst des Kampfes ist es, nicht zu kämpfen.“

 Frage: Anna, Sie sind faktisch eine Meisterin im Aikido und folgen damit ihrem Vater. Wann entschieden Sie sich für Aikido? Was war für Sie der Grund, sich Aikido zu widmen?

 Anna Congard: Ich habe mich nie bewusst für Aikido entschieden. Mit sechs Monaten saß ich neben der Matte und habe beim Training zugesehen. Irgendwann habe ich mitgemacht und bin immer öfter zum Training gekommen. Mittlerweile fahre ich zu Lehrgängen in ganz Deutschland und Europa. Auf die Idee gekommen, aufzuhören, bin ich nie.

Und ich habe das Glück, bei den besten Lehrern trainieren zu können, so dass es nie langweilig wird – zum Beispiel bei Toshiro Suga Sensei und Tamura Shihan, beide waren direkte Schüler des Begründers.

Frage: Für viele ist Aikido etwas sehr „Exotisches“, ja „Mysteriöses“. Wie würden Sie das Grundanliegen des Aikido kurz darlegen wollen? Was macht für Sie den Reiz des Aikido aus?

Anna Congard: Aikido dient der Selbstverteidigung. Es werden Angriffs- und Verteidigungstechniken mit Messer, Schwert, Stock und ohne Waffen geübt. Eigentlich ist es aber schon zu spät, wenn man angegriffen wird.

Durch das Training wird die Haltung, Ausstrahlung und Aufmerksamkeit geschult, so dass es gar nicht erst zum Kampf kommt. Wie ein asiatisches Sprichwort sagt: „Die höchste Kunst des Kampfes ist es, nicht zu kämpfen.“

Aber dafür bedarf es großer körperlicher und geistiger Stärke. Ich mag anstrengendes Training, besonders die Lehrgänge. Nach zehneinhalb Stunden ist man zwar erschöpft, aber zufrieden.

Exotisch ist Aikido, weil es aus Japan kommt und stark auf die Etikette geachtet wird. Das ist hier in dem Ausmaß eher ungewöhnlich. Mysteriös vermutlich, weil es sich dem unerfahrenen Zuschauer nicht sofort erschliesst.  Der Angreifer scheint freiwillig zu fallen und viele denken, alles sei choreographiert. Dem ist aber nicht so. Auch Personen von schmaler Statur können sich gegen grosse, kräftige Gegner zur Wehr setzen.

Frage: Wer wird eigentlich an der Aikido-Schule Ihres Vaters in Schwerin aufgenommen? Darf sich jede/jeder einmal probieren oder werden entsprechende sportphilosophische Kenntnisse über Aikido vorausgesetzt?

Anna Congard: Jeder kann zum Training kommen und mitmachen. Alter, Größe und Gewicht spielen keine Rolle, jeder trainiert mit jedem, auch Anfänger mit Fortgeschrittenen. Gerade dadurch geht das Erlernen der Techniken sehr viel schneller.

Es spielt auch keine Rolle, ob man sportlich ist oder nicht. Und das Hintergrund-Wissen eignet man sich im Laufe der Zeit an. Während des Unterrichts wird zum besseren Verständnis immer wieder die Herkunft der Techniken erklärt und Anekdoten erzählt.

Frage: Eigentlich sind Wettkämpfe im Aikido eher verpönt, dennoch gibt es seit einigen Jahren auch Weltmeisterschaften, zuletzt 2019 in Malaga und San Diego. Wie ist Ihre Meinung zu diesen WM-Turnieren?

Anna Congard: Wettkämpfe entsprechen nicht der Philosophie des Begründers Morihei Ueshiba. Auch der Aikikai Tokio, der Sitz des Aikido-Weltverbandes, ist immer noch dagegen.

In allen anderen Sportarten wird  auf Turniere hin trainiert, um zu gewinnen. Aber wirklich gut sein kann man dort nur bis zu einem gewissen Alter.

Aikido kann man bis ins hohe Alter trainieren und man wird im Laufe der Zeit immer besser. Aikido ist eine Kampfkunst und kein Kampfsport und demnach nicht auf Wettkämpfe im heutigen Sinne (nicht dem der Samurai) ausgerichtet. Es werden keine Punkte gesammelt.

Frage: Sie selbst weilten schon zu Aikido-Lehrgängen in Kiew, russische bzw. ukrainische Kampfkünstlerinnen bzw. Künstler waren schon zu Gast in der Schweriner Aikido-Schule Ihres Vaters. Wie bewerten Sie das Geschehen in der Ukraine. Wie gestalten sich die Kontakte zu den Aikido-Kampfkunstsportlern in der Ukraine bzw. in Russland?

Anna Congard: Ich betrachte das, was in der Ukraine geschieht, mit großer Sorge. Mir wäre es lieber, dass die Zeit, die Energie und das Geld - alles was dort aufgewendet wird - besser zur Bewältigung der vielen anderen Krisen, welche die Menschheit beschäftigen bzw. herausfordern, dienen sollte. Stichworte Umwelt- und Klima-Krise!Von den verlorenen Menschenleben und zerstörten Leben ganz zu schweigen!

Zu den Kontakten: Der Kontakt zu unseren internationalen Sportfreunden ist leider etwas eingeschlafen. Das geht allerdings schon auf die Corona Pandemie zurück. Das Geschehen in der Ukraine hat dazu zusätzlich beigetragen und die Aikidoka dort haben, befürchte ich, gerade andere Sorgen. Das Dojo in Rostock hat bereits an Materiallieferungen in die Ukraine teilgenommen, dabei sind sie jedoch nicht bis nach Kiew gefahren. Ich nehme Ihre Frage jedoch als Impuls mit, den Kontakt wieder aufzunehmen. 

Frage: Was machen Sie eigentlich neben Aikido sportlich und beruflich. Welche weiteren Interessen haben Sie?

Anna Congard: Neben Aikido habe ich in den letzten Jahren verschiedene andere Sportarten ausprobiert, darunter Segeln, Standard- und Latein-Tänze, sowie Rock’n’Roll, Judo, Boxen, Bouldern und Kraftsport. 

Was meinen beruflichen Werdegang betrifft, so bin ich im Oktober 2022 in das Erste Mastersemester gestartet, weiterhin mit den Fächern Französisch, bzw. Vergleichende Romanistik und Anglistik/Amerikanistik, bzw. British and American Transcultural Studies, an der Universität Rostock. Nebenbei habe ich am Zentrum für Entrepreneurship der Universität Rostock beim Projekt ACCELERATE:MV in der Start-Up Beschleunigung, und im CleverFit gearbeitet, wo ich regelmäßig Sportkurse geleitet habe. Ab Februar geht es jetzt in mein zweites Auslandssemester in Frankreich, nach Le Mans. 

Vielen Dank und weiterhin alles erdenklich Gute für Sie!

 
Die Fragen stellte: Marko Michels.